#Staying the Course

Isa Luque Alvarez & Humphrey Matthey,

Haben seit jungen Jahren und bis heute ein der sozialen Gerechtigkeit und inneren Wahrheit verpflichtetes Leben geführt, das weder Furcht noch Faulheit kannte. – Auch eine Synopsis ihrer Vitae kann kaum auf einer Seite zusammengefasst werden; nichts also für Lesemüde, was verziehen sei. t.a. —–

Seine Eltern trennten sich bei der Geburt, und Humphrey verbrachte die ersten neun Jahre mehr in Pflegeunterkünften als bei seiner Mutter.

Im Alter von neun Jahren erkrankte er an Meningitis und wurde für unheilbar erklärt, aber der Vater arrangierte eine Behandlung mit einem nicht getesteten Medikament aus Amerika. Es scheint gewirkt zu haben… Bis zu seinem 20. Lebensjahr Mündel des Staates verbrachte er Kindheit und frühe Jugend in den Walliser Bergen bis er mit 14 zu seinem Vater nach Genf zurückkehrte, der wieder geheiratet und eine richtige Familie gegründet hatte. Dort besuchte er schliesslich die Schule, die er mit einem Mathematik-Abitur in Frankreich abschloss.

Später interessierte er sich für Astronomie und schrieb sich an der Universität Genf ein, wo er sich aber auch für das Bridge-Kartenspiel begeisterte. Leider musste er so die Richtung ändern und studierte Soziologie mit Koryphäe und Aktivisten Jean Ziegler als Hauptbetreuer. Parallel dazu war er Mathematik- und Physiklehrer an der örtlichen staatlichen Schule für die 14-15-Jährigen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Mit 25 Jahren hörte er auf zu unterrichten und wechselte in die Sonderpädagogik für Jugendliche mit sozialen und kriminellen Problemen, was ihm eine formale Ausbildung zum lizenzierten Sonderpädagogen ermöglichte.

Seit seinem Umzug in die Genfer Altstadt (in die Baker Street für die literarisch Interessierten) engagierte sich Humphrey auch in der Theater- und Folkmusikszene. 1979 beschloss er, die Sozialarbeit aufzugeben und verbrachte seine gesamte Zeit mit einer Theatergruppe, dem Theatre Mobile, wo er Bühnenbilder baute und insgesamt als technischer Direktor fungierte.

Im Sommer 1982 warb Terre des Hommes den Allrounder mit sozialem Engagement an, um im Libanon zu arbeiten, just auf dem Höhepunkt der „Ereignisse“ dort (Lebanon Krieg). Nach etwa sechs Monaten zur Basis zurück und dann weiter nach Äthiopien als Logistiker in einem sechsköpfigen medizinischen Notfallteam. Dort verbrachte er über acht Monate mit sehr interessanten Erlebnissen: Fahrten durch Wüsten, Besuch der Danakil-Senke dank der TPLF (Tigray People’s Liberation Front), die beschloss, zehn dieser Expats 29 Tage lang als Geiseln zu nehmen; Verhandlungen mit einigen wirklich dubiosen Gestalten und bei all dem der Versuch, den Bedürftigen dort in schweren Zeiten zu helfen.

Im Winter 1983/4 bat ein Freund Humphrey, nach Sikkim zu reisen, um Medikamente zu liefern, vor allem zehn vollständige Protokolle für TB. Gleichzeitig erhielt er den Auftrag, eine Machbarkeitsstudie für den Bau eines Krankenhauses in Rumtek (Sikkim) für das Schweizer EDA zu erstellen, um zu sehen, ob es sich daran beteiligen würde.

Nachdem er beide Aufgaben erfüllt hatte, ging Humphrey auf Anraten von Jamgon Kongtrull Rinpoche aus Rumtek nach Sherabling, um Kenting Tai Situpa zu sehen. Dort traf er auf Isa, die seine Lebensgefährtin werden sollte.

Ende 1984 fand sich das jung verheiratete Paar in Genf wieder.

Glücklicherweise bot sich nach anderthalb Jahren die Gelegenheit, in den Bergen jenseits der Grenze in Frankreich zu leben. Es war ein privates Anwesen und bot der jungen, mittlerweile vierköpfigen Familie ein wunderbares Zuhause.

Es war 1986, als Humphrey die Welt der Gehörlosen betrat. Zunächst arbeitete er eineinhalb Jahre lang mit Kindern, dann neun Jahre lang mit Erwachsenen. Irgendwann kam ihr Lehrer, Situ Rinpoche, nach Schottland, wo er über einen Zeitraum von sieben Jahren zum Kernthema des tibetischen Buddhismus lehrte. Aufgrund des logistischen Aufwands, jedes Jahr dorthin zu reisen, wurde es als praktischer erachtet, die Familie nach Schottland umzusiedeln. So zogen alle im Februar 1996 nach Glasgow, wo Humphrey für die nächsten zehn Jahre Sozialarbeiter für Gehörlose im Osten der Stadt wurde. Die Arbeit fand in einem Teil der Stadt statt, der für sein raues Leben berüchtigt war – doch „der Mann mit den Tauben“ wurde nie bedroht, ebenso wenig wie der Rest der Familie… Als die beiden Jungs an der Universität waren und halbwegs unabhängig lebten, zogen Humphrey und Isa nach Argyll an der Westküste Schottlands, wo er für die nächsten fünf Jahre Verantwortlicher für die Gehörlosen für Argyll and Bute Council, verstreut über hunderte von Inseln wurde.

Inzwischen waren Isa und Humphrey über 25 Jahren zusammen und nicht mehr die Jüngsten. So beschlossen sie, ihr letztes Projekt in Angriff zu nehmen: die Eröffnung eines buddhistischen Retreat-Zentrums in Isas Heimatland Spanien. Durch einen glücklichen Zufall fanden sie einen wunderschönen Ort in den Alpujarras, hoch oben in der Sierra auf 200m, mit drei ausgezeichneten Quellen und einem Gebäude, das sich für die Umwandlung in einen kleinen Tempel mit angrenzender Küche, Lagerraum, Wohnbereich etc. eignete. Sie konnten das Anwesen zu einem erschwinglichen Preis kaufen und machten sich an die Arbeit. Ihr Guru (Kenting Tai Situpa) aus Sherabling kam und war begeistert von dem Ort, der zwar in Europa liegt, aber eine deutliche Ähnlichkeit mit Nordindien aufweist. Er weihte Palpung Sera Nevada vor gut 10 Jahren ein.

Seither arbeiten das Ehepaar und viele Helfer unermüdlich und verwandelten den Ort in eine reine Oase mit Walnussplantagen, Obst-, Kräuter- und Gemüsegärten sowie einem Pferdestall für sechs schöne Tiere, nicht zu vergessen die Hühner, Katzen und Hunde. Ein weiterer freistehender Cortijito wurde fertiggestellt; verschiedene rituelle Monumente zieren das Gelände….

Und das Projekt wächst mit weiteren 60 Hektar Land, Quellen und Feldern ein paar Kilometer entfernt auf einem kleinen Seitenweg, wo ein alter Cortijo (Trockenmauer-Berghütte) als ‚Milarepas Cortijito‘ restauriert wird, ein perfekter Ort für für den, der wirkliche Einsamkeit sucht …

Freunde und Praktizierende aus der ganzen Welt kommen heute für kürzere oder längere Retreats nach Palpung Sera Nevada. Jeder, der ein Bedürfnis und ein Gespür für den stillen Ruf der Natur und die spirituelle Lebendigkeit gelebten Engagements hat, kann die Gastfreundschaft von Isa und Humphrey’s genießen. Für diejenigen, die einfach nur teilnehmen wollen, wird sinnvolle Arbeit gegen Essen und Unterkunft angeboten.

Aber wie hat das alles für Isa angefangen?

Als Jugendliche trat sie der linken Anti-Franco-Partei bei, was zu einem Bruch in ihrer Familie führte, da ihr Vater für das Regime arbeitete. Sie verließ ihr Zuhause und heiratete ihre erste Liebe unter den Revolutionären – eine Beziehung, die nicht lange hielt und tragisch endete. In den 70er Jahren zog sie nach Dänemark und lebte in den alternativen Gemeinschaften von Balloon Park und für längere Zeit in Christiana: eine Zeit der absoluten Freiheit nach der Flucht aus dem faschistischen und katholizistischen Spanien jener Zeit.

Es war dort, dass ein Freund sie einlud, eine Zeremonie eines tibetischen Lamas zu besuchen, der in Dänemark auf Reisen war. Damals war sie einfach nur von der Aura dieser Persönlichkeit beeindruckt…

Während ihre Freunde eine Reise nach Indien planten, um einen gespendeten Mercedes-Lkw an eine tibetische Gemeinde in Himachal Pradesh zu liefern, kam Isa auf die Idee, nach Peru zu gehen. Sie kam bis Hierro auf den Kanarischen Inseln, aber dann fuhr kein Boot mehr. Als sie eines Nachts bei Vollmond über das Wasser blickte, kam ihr der Gedanke, dass es viel sinnvoller wäre, sich den Freunden auf der Reise nach Indien anzuschließen, als allein nach Peru zu fahren. Am nächsten Tag machte sie sich auf den Rückweg und schaffte es unter recht abenteuerlichen Bedingungen, die Crew in Griechenland einzuholen. Sie schafften es, den Lastwagen erfolgreich über den Iran nach Indien, Sherabling, zu bringen, wo sie auf ihren zukünftigen Lehrers traf … Sie lernte Englisch und Tibetisch gleichzeitig und vertiefte sich in die Praxis des Sherabling-Lehr- und Exerzitienplans; über die kommenden sechs Jahre sollte sie eine komplette Lama-Ausbildung absolvieren. Als sie Humphrey traf, kannte sie ihre Mission, die sie seither mit Hingabe verfolgt: der Herausforderung der Non-Dualität im Leben gerecht zu werden und all jenen eine offene Zuflucht zu bieten, die dieses Anliegen teilen.

HM und t.a. , Palpung/Basel, Nov. ’22